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Erlebnisbereiche für eine breite Zielgruppe

Mit Urban Art den PoS emotionalisieren

01.03.2022

Wie sie mit Fachwissen Ihre Kunden besser begeistern können und wie Sie den PoS stärker emotionalisieren, erklärt Carlos Lorente, Graffiti-Künstler und Gründer der Style Scouts® Akademie, im Interview. Dazu erhalten Sie Praxis-Einblicke anhand von zwei Video-Tutorials für einen erfolgreichen Einstieg in die Urban-Art-Welt.

Insights

  • Kundenbindung durch Erlebnisbereiche und regelmäßige Events stärken
  • Aufmerksamkeit durch emotionale Verkaufserlebnisse erzeugen
  • Eine breite Zielgruppe mit Urban Art ansprechen

Das Interesse an Urban Art wächst und wir immer populärer. Wie kommt es dazu?
Zunächst einmal gilt es das Phänomen Urban Art genauer zu betrachten. Vom eingestrickten Laternenpfahl bis zur illegal bemalten U-Bahn gibt es unzählige Erscheinungsformen, die höchst unterschiedlich wahrgenommen werden. Die meisten figürlichen Street Art Arbeiten und legalen Kunstwerke im öffentlichen Raum haben in den letzten 10 Jahren einen hohen Zuspruch erfahren und sind im Mainstream angekommen. Dadurch sind Freiräume für Urban Artists entstanden – mitunter loben Städte sogar Preise für urbane Kunst aus und fördern Street Art Festivals. Auch der Kunstmarkt hat das Phänomen Street Art und Graffiti für sich entdeckt und auf Auktionen erzielen Exponate Rekordpreise im sechs- und siebenstelligen Bereich. Dadurch ist es für junge Menschen und KünstlerInnen interessant geworden Karrieren in diesen Künsten anzustreben. Für den Endverbraucher und Hobbyanwender ist der niederschwellige Einstieg und die schnelle Umsetzung von Ideen sicherlich ein Hauptargument warum ein so großer Reiz von dieser urbanen Kunstform und Technik ausgeht.

Welche Kunden-Zielgruppen zeigen hier besonders Interesse?
Als Workshopleiter mit über zwanzig Jahren Praxiserfahrung kann ich feststellen, dass sich die Zielgruppe über die letzten 10 Jahre hinweg von einer meist jugendlichen Klientel hin zu einem breitem Alterspektrum entwickelt hat. Als Hauptgrund würde ich hier vermuten, dass die heutigen 30- bis 50-jährigen Zielpersonen bereits in ihrer Jugend erste Berührungspunkte zu subkulturellen Kontexten, Skateboarding und Graffiti hatten. Für diese Bedarfsträger fühlt es sich nicht fremd an sich mit der Visualität von Street Art zu konfrontieren. Als Eltern ermutigen sie ihre Kinder dazu (legales) Graffiti als kreatives Hobby auszuüben. Oft sind es auch gerade diese Zielgruppen, die Urban Art kaufen oder selbst aktiv werden wollen. Der demografische Wandel bzw. Generationenwechsel hat Graffiti und Street Art in die Mitte der Gesellschaft gespült.

Wie kann der Facheinzelhandel das Thema Urban Art nutzen und der Zielgruppe näherbringen? Welche Fachhändler (Segmente) können Urban Art aufgreifen?
Wie bereits erwähnt ist Urban Art ein weites Feld. Von Zeichentechniken bis zum großflächigen Wandgemälde mit Sprühlacken und Acrylfarben ist eine Vielzahl an Techniken und Methoden denkbar. Die meisten FachhändlerInnen aus den Bereichen Künstler- und Kreativbedarf sowie Schreibwaren bringen bereits eine Grundlage mit relevanten Produkten mit. Neben diesen naheliegenden Segmenten sind auch Comicläden, Skateshops, diverse Design- und Concept-Stores interessante Umfelder für Urban Art Produkte. Je nach Größe des Stores macht es sicherlich Sinn Schwerpunkte zu setzen und Kompetenzen zu bündeln. Für einen kleinen Schreibwarenladen wäre ein kuratiertes Angebot zum Thema Kalligrafie und Calligraffiti sinnvoll, beim großen Kreativmarkt hingegen eine multifunktionale Themeninsel zur urbanen Kunst mit unterschiedlichen Techniken erwartbar.

Wie kann das Einkaufserlebnis am PoS emotionalisiert werden?
Für mich wird das Einkaufserlebnis maßgeblich davon beeinflusst, ob der jeweilige Fachhändler den Kunden und seine Vision versteht und beraten kann. Da es in der Urban Art mittlerweile eine schier unüberschaubare Menge an (hochpreisigen) Marken und Produkten gibt ist die gezielte Beratung ein echter Benefit für Zielpersonen. Im Netz hingegen findet man zwar die volle Auswahl aber keine Kuration. Ein nachhaltiger Wissenstransfer beginnt bei der Inspiration durch Displays und Ausstellungen, mündet in einer soliden Fachberatung und wird gekrönt durch die eigentliche Praxiserfahrung auf Mitmachbereichen und in Workshop-Events. Die Schulung des Personals ist natürlich ein Grundpfeiler der Authentizität des jeweiligen Händlers.

Sie arbeiten selbst viel mit Facheinzelhändlern zusammen und leiten unzählige Workshops, welche Punkte sind für ein erfolgreiches Kundenevent zu beachten?
Vor dem eigentlichen Kundenevent gilt es eine Konzeption für den Bereich Urban Art zu entwickeln. Welche Produkte und Themenfelder machen im jeweiligen Store Sinn und wie könnte eine kuratierte Auswahl aussehen. Danach sollte die Kundeninspiration im Mittelpunkt stehen. Durch Sonderausstellungen und Displays wird das Interesse geweckt und potenzielle Zielgruppen aktiviert. Die Benefits der jeweiligen Produkte sollten klar gezeigt und erlebbar gemacht werden. In Demos und Workshops können dann gezielt Techniken vermittelt, die Qualität der Produkte unter Beweis gestellt und auf Anfängerfehler eingegangen werden. Thematische Proudkt-Bundles können dann im Rahmen dieser Events angeboten und ein kreatives Netzwerk aufgebaut werden. Regelmäßige Rahmenveranstaltungen und ein Programm mit wechselnden Künstlerinnen und Künstlern für die Produktdemos bringen echte Kundenbindung und schaffen Mehrwerte, die ein Onlineshop niemals bieten kann.

Carlos Lorente, Style Scouts®

Carlos Lorente malt seit über 20 Jahren Graffiti, ist Deutschlands einziger hauptberuflicher Urban Art Coach und hat sich mit seiner Graffiti-Akademie Style Scouts® selbständig gemacht. Hier betreibt er Jugendarbeit, gibt erfolgreich Kurse und Workshops für Erwachsene oder berät Unternehmen und Institutionen in den Bereichen Gestaltung, Marketing und Team-Building.